Kontrollverlust - DNB e.V. LV NDS

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Suchtselbsthilfe in Niedersachsen
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Kontrollverlust

Themen
Sucht & Kontrollverlust - ein Versuch das zu erklären ....

Was heißt Kontrollverlust?

Einen Kontrollverlust der eher harmlosen Art hatten wir wohl alle schon einmal.  Denken wir doch mal an die Tüte mit den leckeren Schoko-Rosinen. Sie liegt vor  uns, wir öffnen sie und möchten, ja wirklich (!), nur ein, zwei, vielleicht auch  drei Rosinen daraus naschen. Köstlich diese Schokolade, die weiche Rosine...  nach und nach nehmen wir eine weitere und, und... Das Spiel der Gedanken  beginnt. Eine könnte ich ja noch essen vielleicht noch eine. Irgendwann, ehe wir  uns versehen ist die Tüte leer. Das wollten wir ursprünglich nicht, wir müssen  ja an die Schlanke-Linie etc. denken. Wir haben es dennoch getan.

Jeder kennt diesen Verlust der Selbstkontrolle für sich in irgendeiner Weise.  Der Kontrollverlust ist ein Streben und Drang nach lustvollen, angenehmen  Gefühlen, auch wenn er subjektiv häufig als Zwang empfunden wird.

Es gibt immer Dinge, die wir gerne tun würden, die wir uns jedoch aus  verschiedenen Gründen selbst untersagen, sei es moralisch oder auch weil es  verpönt ist. Überfällt uns aber ein Wunsch, etwas zu tun, was wir mit unseren  Schuld- und Schamgefühlen eigentlich nicht verantworten können, suchen wir nach  einer Möglichkeit, es trotz unserer Bedenken zu tun. Hier kommt der  Kontrollverlust wie gerufen. Wir geben die Kontrolle auf und schieben die Schuld  auf unseren Kontrollverlust. Der so genannte Kontrollverlust schützt uns also vor  unseren eigenen Scham- und Schuldgefühlen.

Kontrollverlust bedeutet also einen drängenden Wunsch gegen eine bewusste  Ablehnung in die Tat umzusetzen.

Was heißt Kontrollverlust in Bezug auf Sucht?

Bei der Sucht geht es darum ein selbstschädigendes, aber lustversprechendes  Vorhaben gegen die eigene Vernunft durchzusetzen. Der Kontrollverlust ermöglicht  das süchtige Verhalten. Einen Kontrollverlust kann nur jemand erleben, der sich  kontrollieren will. Oft merkt ein Süchtiger erst, dass er die Kontrolle verloren  hat, wenn er sich seinem Suchtmittel entziehen will.

Was heißt süchtiges Verhalten?

Süchtiges Verhalten ist zunächst nur eine Handlung mit dem Ziel und Zweck, sich  besser zu fühlen. Viele Menschen verhalten sich süchtig, ohne dadurch in die  Sucht abzugleiten. Sie weichen durch ihr süchtiges Verhalten lediglich  unangenehmen Gefühlen und Situationen aus und dabei bleibt es. Diese Menschen  stillen mit Alkohol nicht ihren körperlichen Durst, sondern den seelischen  Durst.

Vom süchtigen Verhalten zur Sucht ...

Einer Sucht geht immer süchtiges Verhalten voraus. Es ist unsagbar schwer, eine  Grenze zwischen süchtigem Verhalten und Sucht zu ziehen. Alkoholtrinken dient  jetzt ausschließlich der Beseitigung von negativen Gefühlen. Alkohol wird das  Mittel zum Zweck. Das Trinkverhalten des Betroffenen beginnt jetzt aufzufallen.  Es kommt beim Betroffenen zum inneren Konflikt zwischen dem Sollen und Wollen.  Einerseits sehnt er sich die schönen Gefühle herbei, die er durch das Trinken  bekommt, andererseits wird sein Trinkverhalten auffällig. Hat er bislang noch  bewusst "ja" zu seinem unkontrollierten Trinken gesagt, kommt es jetzt zum  heimlichen "ja".

Der Trinker gewinnt seine guten Gefühle jetzt nur noch durch den Alkohol und  verliert gleichzeitig die Kontrolle über sein Trinken. Er muss sich nicht mehr  mit seinen Problemen herumquälen, hat er doch ein Mittel, dass ihm sofortige  Befreiung verschafft, er wird unfähig sich in Bezug auf Alkohol zu beherrschen.  Wer es jetzt nicht schafft, vom bereits abfahrenden Zug der Sucht zu springen,  wird alkoholkrank. Schafft der Trinker es, seine Probleme zu lösen und seine  negativen Gefühle auch ohne Alkohol zu ertragen, hat er jetzt noch eine Chance.

In der Sucht gefangen ...

Den Grad der Abhängigkeit kann man nicht an der getrunkenen Alkoholmenge messen.  Der Trinker braucht jetzt jedoch regelmäßig eine gewisse Menge Alkohol um sein "Sich-besser-fühlen"  zu erreichen. Mit weniger Alkohol geht es nicht mehr. Es kommt durch die  zunehmende Gewöhnung auch zu einer Dosissteigerung, die gesellschaftlich nicht  mehr toleriert wird.

Viele Alkoholkranke bemerken jetzt, dass sie die Kontrolle über ihr Trinken  verloren haben. Sie bemerken, dass mit ihnen und ihrem Trinkverhalten etwas  nicht stimmt. Sie wissen genau, dass sie weniger trinken sollten. Sie versuchen  "Trinkmuster" oder wollen einfach nur weniger trinken, aber das "bringt es  nicht". Entweder trinkt der Alkoholkranke seine "Wohlfühlmenge" oder er kann es  auch gleich bleiben lassen. Aber jetzt aufzuhören mit dem Trinken würde heißen,  auf die guten Gefühle, die ja durch den Alkohol NOCH da sind, zu verzichten.  Sind die Verhältnisse des Alkoholkranken relativ geordnet, so kann sich diese  Phase der Sucht über Jahre hinziehen.

Die Sucht erzeugt die Sucht ...

Die Sucht fordert jetzt mehr und mehr ihren Tribut. Waren es früher die  negativen Gefühle die "weggetrunken" werden sollten, werden jetzt die  unangenehmen Gefühle, die durch die Sucht entstehen bekämpft. Der einstige  "Helfer" Alkohol wird zur Ursache und wird wiederum mit Alkohol bekämpft. Der  Alkoholkranke versucht jetzt nicht mehr, sich zu kontrollieren. Er kämpft nicht  mehr gegen sein Trinkverlangen an. Der Betroffene sehnt sich nach den angenehmen  Gefühlen, die ihn einst der Alkohol geschenkt hat, erreicht sie aber nicht mehr.  Irgendwann begreift er, dass er sie nicht mehr bekommen wird und trinkt dann um  sich zu betäuben. Durch den daraus folgenden seelischen, sozialen und  gesundheitlichen Niedergang gelangt er an seinen individuellen Tiefpunkt. Der  Alkoholkranke erkennt, dass es für ihn so nicht mehr weitergehen kann. Viele  Niederlagen und der damit verbundene Leidensdruck lassen bei dem Suchtkranken  die Erkenntnis reifen, dass es keine andere Rettung mehr gibt, als aufzuhören.  Der Wille zum Aufhören kommt meist aus tiefster Verzweiflung. Diese Verzweiflung  ist aber die Voraussetzung für eine dauerhafte Abstinenz.

Der Weg aus der Sucht ...

Der Betroffene muss erkennen, dass es ihm nur besser gehen kann, wenn er sein  Leben selbst in die Hand nimmt. Eine Therapie kann ihm dabei beispielsweise sehr  helfen. Dort lernt er, sein Leben wieder selbstbestimmt und eigenverantwortlich  zu leben. Er muss sehr an sich arbeiten und seine in ihm schlummernden  Fähigkeiten zu entdecken und sein "neues" Leben zu meistern. Ein ehemaliger  Patient einer Fachklinik nannte das mal treffend: "Drei Monate für ein besseres  Leben".

Warum kommt es zu Rückfällen?

Wenn die Betroffenen nun so leidvolle Erfahrungen gemacht haben, warum kommt es  dann immer wieder zu Rückfällen? Vom Verstand her wissen die meisten trockenen  alkoholkranken, dass sie nichts trinken sollten. Was schmerzt, sind die Gefühle.  Der trockene Alkoholkranke hat nicht vergessen, dass ihm der Alkohol einst  angenehme Gefühle geschenkt hat. Was letztlich einen Rückfall auslösen kann ist  individuell verschieden. Zunächst kommt es zu einem Spiel der Gedanken  (beispielsweise: "Könnte mir denn dieses eine Gläschen schaden?"). Dieses  Gedankenspiel löst den Kontrollverlust aus - das soll heißen der Betroffene gibt  es auf, sich zu kontrollieren. Dem eigentlichen Rückfall, dem ersten Schluck  geht also ein gedanklicher Rückfall voraus. Durch die gedankliche Vorbereitung  wird das eigentliche Trinken wieder in Gang gesetzt. Nicht der erste Schluck  Alkohol selbst löst den Kontrollverlust aus, sondern umgekehrt, der  Kontrollverlust löst den ersten Schluck aus.

Versehentlich getrunken = Rückfall?

Es kann einem trockenen Alkoholkranken passieren, dass er versehentlich ein  Stück Torte mit Alkohol isst oder zum falschen Glas greift. Dennoch sollte der  Betroffene deshalb nicht in Panik verfallen, wenn es denn mal passiert ist und  es WIRKLICH versehentlich war. Denn nur die gedankliche Vorbereitung löst den  eigentlichen Rückfall aus. Dennoch sollten trockene Alkoholkranke sehr bewusst  leben, denn durch den Alkoholgeschmack kann die Erinnerung an die guten Gefühle  durch den Alkohol geweckt werden.

Alkoholfreies Bier - das Spiel mit dem Feuer

Angeblich alkoholfreies Bier enthält bis zu 0,5 % Alkohol - das dürfte  mittlerweile bekannt sein. Darin liegt aber nicht die eigentliche Gefahr für den  trockenen Alkoholkranken, da ja nicht der erste Schluck Alkohol selbst den  Kontrollverlust auslöst, sondern umgekehrt.

Man hat Blindtests mit alkoholfreien Bier gemacht. Die Probanden wussten nicht,  ob sie alkoholhaltiges oder angeblich alkoholfreies Bier tranken. Auch die  Testpersonen, die nur alkoholfreies Bier getrunken haben, fühlten sich  alkoholisiert, obwohl sie eine kaum nennenswerte Blutalkoholkonzentration  hatten!

Trinkt ein trockener Alkoholkranker alkoholfreies Bier, zeigt dies einmal, dass  er noch immer nicht ganz auf Bier verzichten kann - er rückt dem "echten" Bier  gefährlich nahe. Das alkoholfreie Bier kann das so genannte Spiel der Gedanken  wieder in Gang setzen. Der Betroffene erinnert sich an die schönen Gefühle, die  er einst mit dem Alkohol bekommen hat. Er ebnet sich so den Weg zum Rückfall.
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