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Die Neue Basis e.V Landesverband Niedersachsen Eingetragener Verein zur Selbsthilfe , Aufklärung und Beratung von suchtgefährdeten Menschen und Mitbetroffenen |
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Bipolare Störung und Kreativität Oft wird behauptet, Menschen mit einer bipolaren Erkrankung seien besonders kreativ. Dies ist in gewisser Weise richtig,
denn die Ideenflut einer Manie oder Hypomanie kann tatsächlich viele kreative Einfälle mit sich bringen und einen veritablen Schaffensrausch hervorrufen. Über die Qualität dieser Einfälle ist damit aber noch nichts ausgesagt.
Vieles, was einem bipolar Betroffenen in der Hochphase als geradezu genial erscheint, erweist sich später bei nüchterner Betrachtung als nicht sehr wertvoll oder ist für andere schlicht nicht
nachzuvollziehen.
Kinder und Jugendliche Die bipolare Erkrankung im Kindes- und Jugendalter Bipolare Störungen gehören zu den psychiatrischen Krankheitsbildern, die im Kindes- und Jugendalter
eher selten auftreten. Aus diesem Grund haben sie lange Zeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie nicht genügend Beachtung gefunden. Erst in den letzten Jahren ist das kinder- und jugendpsychiatrische Interesse an Bipolaren
Störungen gewachsen und unser gesichertes Wissen hat einen Stand erreicht, der der Bedeutung dieses Krankheitsbildes angemessen ist. Selbsthilfe
Zur Bedeutung der Selbsthilfe Der Besuch einer Selbsthilfegruppe kann ein wichtiger Teil der Bewältigung und des Umgangs mit einer psychischen Erkrankung sein. Es gibt sowohl Gruppen nur für Betroffene bzw. Angehörige als auch gemischte Gruppen. Viele Betroffene erleben es als sehr hilfreich, wenn sie sich mit Menschen, die dieselbe Erkrankung haben, austauschen können. Ihre Kompetenz im Umgang mit der Krankheit wird gestärkt und sie können von den Erfahrungen anderer lernen. In Krisensituationen kann eine Selbsthilfegruppe ein stützendes und stabilisierendes Element darstellen. Durch Studien weiß man, dass der Besuch einer Selbsthilfegruppe Klinikaufenthalte verkürzen kann. Mit der Teilnahme an einer Gruppe entstehen neue soziale Kontakte, manchmal auch Freundschaften. Besonders Menschen, die erst kürzlich die Diagnose "Bipolare Störung" bekommen haben, können vom Wissen langjähriger Selbsthilfe-Erfahrener profitieren. Auch für Angehörige kann der Besuch einer Selbsthilfegruppe sehr wertvoll sein. Hier können sie lernen, mit der Erkrankung ihres Partners, Kindes oder Elternteils besser umzugehen und diese wirksam zu unterstützen. Auch die manchmal notwendige Abgrenzung und das Achten auf die eigenen Bedürfnisse können vermittelt werden. "Ist eine Heilung überhaupt möglich?" Nach dem jetzigen Stand der Dinge muss man leider antworten: Die medizinische Wissenschaft kennt bis jetzt
keine gesicherten Heilungswege. Uns sind Fälle bekannt, bei denen die Symptome im Alter schwächer werden, ganz ausbleiben oder nur sehr wenige Krankheitsepisoden erlebt werden. Der weitaus größte Teil aller Betroffenen muss
sich jedoch ein Leben lang der Erkrankung stellen. Durch die eigene Auseinandersetzung mit der Erkrankung kann man aber lernen, sich so weit zu steuern, dass zumindest die extremsten Spitzen nach oben oder unten nicht mehr
erreicht werden; in manchen Fällen gelingt es sogar, so gut wie keine übermäßigen Stimmungsschwankungen mehr zu erfahren. „Kann ich eine Manie nicht auch allein durch Willenskraft kontrollieren?“ Zum Wesen einer manischen Episode gehört, dass sie sich nicht mehr willentlich kontrollieren lässt.
Auch wenn man die subjektive Empfindung hat, alles im Griff zu haben, ist das objektiv gesehen eben gerade nicht so. Das ist vermutlich die größte Crux einer Manie: Je kränker man ist, desto gesünder fühlt man sich und sieht
keinerlei Veranlassung, etwas am gegenwärtigen Zustand zu ändern. Im Gegenteil, gut gemeinte Ratschläge von anderen, zum Beispiel einen Facharzt aufzusuchen oder sich in eine Klinik zu begeben, werden als Zumutung oder als
Affront empfunden – man fühlt sich doch so gut! Deshalb ist es auch oft völlig unverständlich für einen Maniker, wenn er wegen seiner Erkrankung zwangseingewiesen werden muss. Hilfreich ist da nur eines – die
Anzeichen einer beginnenden Manie frühzeitig zu erkennen und sich selbst und den Angehörigen einen Krisenplan an die Hand zu geben, um rechtzeitig gegensteuern zu können. Ist die Manie erst einmal angelaufen, gibt es meist kein Zurück mehr. „Wie kann ich einer sich anbahnenden Depression begegnen?“ Sie kommen morgens fast nicht mehr aus dem Bett und würden am liebsten den ganzen Tag darin verbringen?
Auch die kleinsten täglichen Aufgaben türmen sich zu unüberwindbaren Bergen? Sie fühlen sich wertlos und schuld an allem, was nicht gut gelaufen ist? Ihre Gedanken kreisen um Ihren Tod und wie Sie ihn schnellstens herbeiführen
können? „Ich stehe nach einer manischen Episode wieder einmal vor einem sozialen und materiellen Scherbenhaufen.“ Es ist oft sehr schwer, den Menschen in seinem Umfeld zu erklären, dass das, was man in einer Manie
gesagt und getan hat, die Symptome einer Erkrankung waren. Manche können dafür kein Verständnis aufbringen und wenden sich dauerhaft von Ihnen ab, weil sie durch Ihr Verhalten zu schwer verletzt wurden, bei anderen gelingt es,
dieses Verständnis zu wecken. Hier zeigt sich oft, wer ein wahrer Freund und wer doch nur eine Bekanntschaft ist. Mit einer aufrichtigen Entschuldigung kann manch eine Freundschaft jedoch erhalten bleiben. Bipolar: Erkennen und erfolgreich behandeln Stimmungsschwankungen, Phasen der Traurigkeit oder Niedergeschlagenheit sowie Phasen der Euphorie, Gereiztheit oder Aggressivität kennt jeder Mensch aus eigener Erfahrung. Die Übergänge von einer normalen Entwicklung zu einer behandlungsbedürftigen Störung sind fließend. Handlungsbedarf besteht dann, wenn die Stimmungsveränderungen länger anhalten und sich die Betroffenen und/oder deren Angehörige in ihrem Erleben oder Funktionieren im Alltag beeinträchtigt fühlen. Die Ursachen einer bipolaren Erkrankung sind bis dato immer noch unbekannt. Allerdings wurden bestimmte Risikofaktoren eruiert, dazu gehören: genetische Vorbelastung (erblich bedingte „Vulnerabilität“), biologische und psychosoziale Parameter sowie bestimmte Lebensgewohnheiten. So ist beispielsweise das Erkrankungsrisiko von Kindern mit einem manisch-depressiv erkrankten Elternteil um bis zu 20% erhöht. Sind beide Elternteile betroffen, steigt das Risiko sogar auf bis zu 60%. Auch Zwillingsstudien aus den 1920er-Jahren belegen die erbliche Veranlagung: Bei eineiigen Zwillingen kann die Wahrscheinlichkeit bis zu 80% betragen, dass bei beiden Zwillingen die bipolare Erkrankung ausbricht. Allerdings gibt es keine 100%ige Sicherheit für einen Krankheitsausbruch, folglich kann die genetische Veranlagung nicht die alleinige Ursache sein. Eine Vielzahl anderer Faktoren, die uns im Laufe eines Lebens betreffen, kann sich entweder günstig oder ungünstig auf Ausbruch sowie Verlauf der Erkrankung auswirken, dazu gehören familiäres und soziales Umfeld, Stress, Lifestyle etc. Moderne Untersuchungsmethoden haben außerdem bei Manie und Depression eine Veränderung des Transmitterstoffwechsels im Gehirn festgestellt. Einflussfaktoren und Lebensstil Bei gegebener genetischer Disposition tritt ein erster Krankheitsschub signifikant häufig drei bis sechs Monate nach einem
subjektiv als belastend erlebten Ereignis (Jobverlust, Scheidung, Trennung, Todesfall, Arbeitswechsel, Karriereaufstieg, Verliebtheit, Übersiedlung, die Geburt eines Kindes bei Frauen, aber auch bei Männern) auf. Die genaue
Diagnose ist für den Facharzt wesentlich leichter, wenn der Betroffene, im Idealfall gemeinsam mit den nächsten Angehörigen, versucht, sämtliche Stimmungsschwankungen im Laufe des bisherigen Lebens auf einem Blatt Papier
dazustellen (Phasenkalender/„life-chart“) Pubertäre Krise oder Beginn einer bipolaren Erkrankung? In der Fachliteratur wird der Beginn des bipolaren Krankheitsgeschehens meist um das 20. Lebensjahr angegeben. Deutliche Abweichungen sind jedoch möglich. Im Kindesalter: Es gibt Berichte von bipolaren Episoden bereits im 5. Lebensjahr. Falls Kinder sozial auffälliges Verhalten oder ein Hyperaktivitätssyndrom aufweisen, sollte daher im weiteren Verlauf der Beginn eines manisch-depressiven Krankheitsgeschehens in Betracht gezogen werden. Auch bei erwachsenen Patienten sollte für eine genaue Diagnose nach solchen eventuellen frühen Episoden gefragt werden. In der Pubertät: Auch zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr, also im Jugend- und Adoleszenzalter, gibt es Fälle von ersten manischen oder depressiven Episoden. Da die Pubertät häufig generell als „Krise“ erlebt wird, werden psychische Auffälligkeiten häufig jedoch auf das Alter geschoben – und erste Anzeichen einer Depression somit oftmals übersehen. Extreme Niedergeschlagenheit, chronische Müdigkeit, völlige Unlust zu lernen oder die Ausbildung zu beenden sollten jedoch als Warnsymptome ernst genommen und weiter abgeklärt werden. Auch eine erste manische oder hypomanische Episode kann in der Pubertät auftreten, was gefährliche Folgen nach sich ziehen kann, denn die extrem positive Gestimmtheit und Überaktivität kann zu unüberlegtem Verhalten und erhöhter Risikobereitschaft motivieren. Zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr: Gerade bei Krankenhauspatienten ist ein Altersgipfel zwischen dem 45. und dem 55. Lebensjahr zu beobachten. Möglicherweise erfolgt die Diagnosestellung erst aufgrund des erstmaligen Krankenhausaufenthaltes, doch auch die hormonelle Umstellung vor allem bei Frauen, aber auch bei Männern, sowie die sozialen Veränderungen in dieser Lebensphase (wenn z.B. die Kinder das Elternhaus verlassen) könnten eine mögliche Erklärung sein. Zudem bleiben die ersten, leichteren Episoden der bipolaren Erkrankung oftmals unbemerkt. Begleitende und andere Erkrankungen Durch veränderte Stimmungslage, beeinträchtigte Wahrnehmung sowie Interaktion mit der Umwelt bei bipolar Erkrankten besteht ein gesteigertes Risiko der Betroffenen, Angsterkrankungen wie Sozialphobie und Panikstörungen sowie Alkohol- oder Nikotinsucht zu entwickeln oder in die Drogenszene zu schlittern. Das frühzeitige Erkennen, ob es sich z.B. um eine isolierte Drogenproblematik bzw. Angsterkrankung oder um ein zusätzliches Problem im Rahmen einer bipolaren Erkrankung handelt, ist für die weitere Vorgehensweise sowie die ärztliche/therapeutische Beratung von entscheidender Bedeutung. Symptommanagement Wie die vielen Untersuchungen zum Thema bipolare Erkrankungen gezeigt haben, geht die Krankheit mit einem hohen Risiko für Suizide und Suizidversuche sowie einem verstärkten Aggressionsverhalten gerade bei jüngeren Menschen einher. Die Forschung hat sich intensiv mit diesen Folgeerscheinungen der Erkrankung beschäftigt. Neben neuen medikamentösen Behandlungsformen gelangte man zur Erkenntnis, dass ein ausführliches Wissen über die Erkrankung samt ihren vielfältigen Verlaufsmöglichkeiten von großer Bedeutung ist. In diesem Zusammenhang wurde der Begriff Symptommanagement geprägt, d.h. die Aufgabe von Ärzten und Therapeuten ist es auch, dem Betroffenen das „Handwerkszeug“ zu vermitteln, wie er mit den einzelnen Symptomen besser umgehen kann und worauf er zu achten hat, um nicht wieder in eine schwere Krankheitsepisode zu fallen, die unter Umständen sogar einen Klinikaufenthalt notwendig machen könnte. Besonderheiten im Verlauf Rapid Cyling: Das Phänomen der „raschen
Zyklen“ beschreibt das Auftreten von mindestens vier Episoden in einem Jahr, wovon mindestens eine hypomanisch oder manisch ist. Rapid Cyling gestaltet sich etwas schwierig in der Behandlung, deswegen sollten die
Betroffenen unbedingt in einer Spezialambulanz behandelt werden. Die raschen Zyklen können im Extremfall auch innerhalb weniger Tage (Ultra Rapid Cycling) oder am selben Tag innerhalb von Stunden (Ultra Ultra Rapid Cycling)
schwanken.
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